3 Nachbarländer, die 2 Sprachen sprechen unter 1 Dach
Sumava Litera heißt eine alljährlich stattfindende große Literaturveranstaltung in der südböhmischen Stadt Winterberg/Vimperk.
Jeweils am dritten Wochenende im November dreht sich in der beschaulichen ehemaligen Buchdruckerstadt Winterberg alles um die Literatur des Böhmerwaldes.
Eine stattliche Reihe von Vorträgen zu alljährlich neuen literarischen oder historischen Schwerpunkten bildet das Grundgerüst von Sumava Litera, einige der Referate werden jeweils auch auf Deutsch gehalten und ins Tschechische übersetzt.
Umrahmt wird die Veranstaltung von einer großen Buchmesse, bei der mehrere tschechische und auch ein deutscher (Ohetaler) Verlag ihre Böhmerwaldbücher präsentieren:
Bildbände von ausgezeichneten Fotografen, Reiseführer zu allen möglichen historischen, magischen oder einfach nur schönen Orten, neu aufgelegte geschichtliche Bücher, viele davon versuchen, die Vergangenheit aufzuarbeiten.
Einen großen Raum nimmt natürlich die belletristische Abteilung ein: Märchen, Sagen, Erzählungen und Romane, sowohl Neuauflagen alter Böhmerwaldliteratur als auch sehr interessante Neuerscheinungen. Das meiste auf Tschechisch, aber es finden sich auch genug zweisprachige oder deutsche Ausgaben.
Den Höhepunkt der Veranstaltung bildet jedes Jahr die Vergabe der Literaturpreise von Sumava Litera im repräsentativen Winterberger Kinosaal.
Die Veranstaltung wird aufgezogen wie eine Oscar-Verleihung mit Musik und Lobreden, die regionale Politprominenz gibt sich die Ehre und es werden verschiedene Preise ausgegeben in den Kategorien:
Literatur und Poesie – populärwissenschaftliche Publikationen – Kunstpublikationen – beste deutschsprachige Publikation über den Böhmerwald
2021 ist z.B. Hans Schopf für seine verlegerische Tätigkeit geehrt und in die „Ruhmeshalle der Böhmerwaldliteratur“ aufgenommen worden.
Weil der Böhmerwald ja nicht nur aus einem tschechischen Teil besteht und weil es den Organisatoren in Vimperk wichtig ist, auch ihre deutsche Vergangenheit und ihre deutschen und österreichischen Nachbarn mit einzubeziehen, wollen sie in diesem Jahr erstmals eine Veranstaltung von Sumava Litera in Bayern stattfinden lassen.
Als Partner dazu haben die Winterberger den Karl Klostermann Verein gewählt, der ja selber auch grenzübergreifend ist, und als Veranstaltungsort bot sich das Schloss Ludwigsthal an.
Ludwigsthal ist von seiner Geschichte her geeignet wie kaum ein zweiter Ort, die vielfältigen Beziehungen aufzuzeigen, die früher zwischen Bayern und Böhmen bestanden haben:
Es ist eine Gründung der böhmischen Glasmacherdynastie Abele. Mit Ludwigsthal verbindet sich ihr märchenhafter Aufstieg, aber auch ihr Niedergang, der im rätselhaften Selbstmord der Elise Hafenbrädl, Schlossherrin auf Ludwigsthal und Witwe des Wilhelm Abele endete.
Der große Böhmerwalddichter Karl Klostermann hat diese traurige Geschichte in seinem Spätwerk „Der vollendete Kavalier“ literarisch verarbeitet. Sein Vater Dr. Josef Klostermann war der Arzt gewesen, der die sterbende Elise in ihren letzten Stunden begleitet hatte.
Nachdem auch der Ludwigsthaler Schlossverein mit Frank Henzler seine Mitwirkung zugesagt hat, steht dem bayerischen Ableger von Sumava Litera nichts mehr im Wege.
Die Veranstaltung wird am Freitag, 19. August stattfinden.
Das Programm:
15:00 Uhr Führung durch die neoromanische, komplett ausgemalte Kirche von Ludwigsthal.
15:30 Uhr Schloss Ludwigsthal und die Glasmacherdynastien Abele/Hafenbrädl und das „Drama von
Ludwigsthal“ (Frank Henzler und Ossi Heindl)
16:15 Uhr Der nationale Schulkampf im Böhmerwald (1867 – 1938) (Mikulas Zvanovec)
17:15 Uhr Vorstellung von Sumava Litera (Martin Sichinger)
17:30 Uhr Buchpräsentation des neu herausgegebenen Sammelbandes „Ferien im Böhmerwald“ mit
bisher nur in der Zeitschrift „Politik“ von 1894-97 veröffentlichten Erinnerungen Karl
Klostermanns (Hans Schopf und Ossi Heindl)
Alle Vorträge werden übersetzt. Die Veranstaltungen können auch jeweils einzeln besucht werden.
Getränke und ein kleiner Imbiss stehen zur Verfügung.
Im nächsten Jahr soll der bayerische Ableger von „Sumava Litera“ im Rahmen der Freyunger Gartenschau erblühen.
Ossi Heindl